3 Jobs und eine Leidenschaft für das Schreiben
Interview mit Anna-Lisa Plettenberg zum Welt-Down-Syndrom-Tag
Von Lydia Schmölzl
Am 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Am 21.03. deshalb, weil Menschen mit dem Down-Syndrom (oder Trisomie 21) das 21. Chromosom drei Mal haben. Ins Leben gerufen wurde der Aktionstag, um das Bewusstsein für Inklusion zu erhöhen und Menschen mit Down-Syndrom eine größere Plattform für ihre Meinung und ihre Stimme zu geben. Deswegen haben wir mit Anna-Lisa Plettenberg gesprochen. Die junge Frau aus Troisdorf ist Redakteurin beim Ohrenkuss-Magazin*. Sie hat uns erzählt, wie es dazu kam, wo sie in ihrem Alltag noch Hürden sieht und welche Bedeutung der Welt-Down-Syndrom-Tag für sie hat.
Liebe Frau Plettenberg, wann ist bei Ihnen der Wunsch entstanden, Redakteurin zu werden?
Ich schreibe sehr gerne. Deswegen ist der Wunsch schon seit meiner Schulzeit da gewesen. Und es war auch schon immer mein Ziel, genau zum Ohrenkuss zu gehören. Von dem Magazin habe ich zuerst von meinem Freund erfahren. Weil ich schon in der Schule sehr viel geschrieben hab, habe ich mir gedacht „Ach komm, Anna-Lisa, geh mal zum Ohrenkuss und mach mal da weiter.“
Als der Entschluss gefasst war, wie war dann Ihr Weg zur Redakteurin?
Ich war dann im Büro und hab mich vorgestellt. Da ist mir auch nochmal ganz klar geworden, dass ich da sein möchte. Mit den Kollegen und Freunden und vor allem dem Schreiben. Das hat mir direkt gut gefallen. Ich war auch noch echt jung. Seit 2007 bin ich schon beim Ohrenkuss.
Was sind Ihre Aufgaben beim Magazin?
Also, weil wir jetzt in Corona sind, gehen wir nicht mehr in die Redaktion. Da machen wir alles über Zoom. Es gibt zuerst immer ein Meeting. Da wird sich auf ein Thema geeinigt. In der letzten Ausgabe hatten wir das Thema „Natur“, das ist ein sehr schönes Heft geworden. Dann sucht sich jeder ein Unterthema aus und schreibt dazu mit einer Assistenz. Manchmal kommen einem die guten Ideen schon während des Meetings. Manchmal auch erst später und dann schreibt man zu Hause, worauf man Lust hat.
Wenn wir nicht Corona haben, kommen ungefähr 20 Redakteure zu den Meetings. Und wir haben nochmal 30 bis 40, die nur von zu Hause arbeiten.
Hat der Welt-Down-Syndrom-Tag für Sie eine spezielle Bedeutung?
Ja, für mich auf jeden Fall. Ich werde mir dann sofort die anderen Socken anziehen, die in verschiedenen Farben sind und mich besonders feiern. Einfach ein schöner, fröhlicher Tag.
Gibt es bestimmte Punkte in Ihrem Arbeitsalltag, an denen Sie sich noch eine Veränderung hin zu mehr Inklusion wünschen? Gibt es Hürden?
Ich habe mehrere Jobs. Erstens arbeite ich im Kinderheim. Dann mache ich noch einen Nebenjob in Bonn in der Bundeskunsthalle. Da mache ich Tandemführungen. Und dann bei Ohrenkuss. In allen Jobs ist aber schon viel Inklusion. Ich habe überall Kollegen und Kolleginnen mit und ohne Behinderung. In der Bundeskunsthalle ist alles schon in klarer Sprache und auch so, dass man es mit den Händen fühlen kann für Menschen mit Sehbehinderung. Das ist schon so verändert.
Und ganz allgemein: Wo finden Sie in Ihrem Alltag auch außerhalb der Arbeit noch Hürden?
Eigentlich nur das Bahn fahren. Das ist anstrengend, weil ich da nicht richtig ein- und aussteigen kann manchmal. Das liegt an meinem Augeninfarkt, deswegen kann ich die Stufe in der Tür manchmal nicht richtig sehen. Es wäre schön, wenn die Haltestellen alle auf der Höhe der Züge wären.
Was ist nötig, damit mehr junge Menschen mit Behinderung die Jobs ergreifen, von denen sie träumen? Was möchten Sie Menschen mit Down-Syndrom noch mitgeben auf ihrem Weg?
Ich würde ihnen einfach sagen, dass sie normal sind. Genauso wie ich. Dass sie einen guten Arbeitsplatz kriegen können. Und sich freuen, dass der Weg kein schwerer Weg ist. Das war mir schon immer klar.
Vielen Dank für das schöne Interview, Frau Plettenberg!
*Ohrenkuss ist ein 1998 gegründetes unabhängiges Magazin. Alle Texte sind von Menschen mit Down-Syndrom geschrieben und werden nicht zensiert oder korrigiert.